VG Würzburg
Az: W 6 S 14.103
Beschluss vom 28.02.2014
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der am … 1987 geborene Antragsteller wendet sich gegen den Sofortvollzug der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A18, A1, B, L, M und S.
Laut einem dem Antragsgegner übermittelten Bericht der Polizeiinspektion Schweinfurt vom 10. Dezember 2013 ist der Antragsteller am 7. Dezember 2013 gegen 23:45 Uhr einer Personenkontrolle unterzogen worden. Der Antragsteller habe augenscheinlich unter Betäubungsmitteleinfluss gestanden. Er habe eingeräumt, im Laufe des Abends „Speed“ (Amphetamin) konsumiert zu haben. Er habe der Polizei ein Druckverschlusstütchen mit 1,8 g (brutto) Amphetamin ausgehändigt.
Nach Anhörung entzog der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 8. Januar 2014 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen (Nr. 1) und forderte ihn auf, den vom Landratsamt Schweinfurt am 16. Dezember 2008 unter der Führerschein-Nr.: … ausgehändigten Führerschein spätestens sieben Tage nach Zustellung des Bescheides beim Landratsamt Schweinfurt abzuliefern (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 dieses Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3). Für den Fall, dass der Antragsteller die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheides nicht oder nicht fristgerecht erfüllt, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 300,00 EUR angedroht (Nr. 4). Der Antragsteller wurde zur Kostentragung verpflichtet (Nr. 5). Für den Bescheid wurde eine Gebühr in Höhe von 205,00 EUR festgesetzt. Die Auslagen betragen 5,45 EUR (Nr. 6).
Zur Begründung ist im Bescheid im Wesentlichen ausgeführt: Der Entzug der Fahrerlaubnis stütze sich auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV. Der Antragsteller habe sich aufgrund der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (Amphetamin) als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen, so dass ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen sei. Dass der Antragsteller Amphetamin konsumiert habe, ergebe sich aus seiner Aussage gegenüber der Polizei. Er habe den Konsum von „Speed“ eingeräumt. Soweit angedeutet werde, dass kein Konsum stattgefunden haben solle, werde dies als Schutzbehauptung zurückgewiesen. Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung der Interessen der Sicherheit und der Ordnung des Straßenverkehrs erscheine es nicht vertretbar, die Fahrerlaubnis weiterhin zu belassen. Die Pflicht zur Ablieferung des Führerscheins beruhe auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 FeV. Der sofortige Vollzug sei dringend geboten, um die Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Straßenverkehr aufrecht zu erhalten. Die Anordnung des Zwangsgelds stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Der Bescheid wurde dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 10. Januar 2014 zugestellt.
Am 16. Januar 2014 (Eingang beim Landratsamt Schweinfurt) gab der Antragsteller seinen Führerschein ab.
Am 10. Februar 2014 ließ der Antragsteller im Verfahren W 6 K 14.102 gegen den Entziehungsbescheid Klage erheben und mit Schriftsatz vom 4. Februar 2014 (eingegangen bei Gericht am 10.2.2014) im vorliegenden Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag gegen die Entziehungsverfügung des Antragsgegners vom 8. Januar 2014, Az.: 31-143/1-Ke, wiederherzustellen.
Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Er habe bei der Personenkontrolle lediglich angegeben „etwas konsumiert zu haben“. Genaue Angaben zum konsumierten Mittel seien nicht gemacht worden, nachdem der Antragsteller auch keine gesicherte Kenntnis von der konkret eingenommenen Substanz gehabt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Antragsteller durch die Polizei noch nicht belehrt gewesen. Der Antragsgegner verkenne, dass ein Entzug nach Vorgabe der Fahrerlaubnisverordnung regelmäßig nur dann in Betracht komme, wenn ein Konsum nachgewiesen sei. Gerade dies sei aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Interessen des Antragstellers am Fortbestand seiner Fahrerlaubnis seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er sei zum wochenendlichen Umgang mit dem von ihm getrennt lebenden dreijährigen Kind auf die Benutzung des Kraftfahrzeugs angewiesen.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 21. Februar 2014, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Bei Abwägung der widerstreitenden privaten Belange des Antragstellers einerseits und dem öffentlichen Interesse an der Entziehung der Fahrerlaubnis andererseits ergebe sich, dass das besondere öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes das Aufschubinteresse des Antragstellers überwiege. Er habe den Bescheid zu Recht erlassen. Nachdem keine neuen Argumente vorgetragen worden seien, werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Entzugsbescheides verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens W 6 K 14.102) und auf die beigezogene Behördenakte sowie die Akte der Staatsanwaltschaft Schweinfurt Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Der Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, soweit sich das Rechtsschutzbegehren auf die in Nr. 4 des Bescheids vom 8. Januar 2014 enthaltene Zwangsgeldandrohung bezieht, weil sich dieser kraft Gesetzes (vgl. Art. 21a VwZVG) sofort vollziehbare Ausspruch durch die rechtzeitige Abgabe des Führerscheins erledigt hat und das Zwangsgeld nicht mehr beigetrieben werden kann. Aus der Nr. 4 des Bescheids ergibt sich für den Antragsteller daher keine Beschwer mehr (vgl. BayVGH, B.v. 7.1.2014 – 11 CS 13.2427 – juris). Der Antrag ist weiter unzulässig, soweit er sich auf die Kostenentscheidung bezieht, weil der Antragsteller noch keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Behörde gestellt hat (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO).
Im Übrigen ist der Antrag – soweit er sich gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheides vom 8. Januar 2014 richtet – zulässig, aber unbegründet.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis (Nr. 1 des Bescheides) entfällt im vorliegenden Fall, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Die unmittelbar auf die Fahrerlaubnisentziehung aufbauende Anordnung, den Führerschein abzuliefern (Nr. 2 des Bescheides), ist gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV (Fahrerlaubnisverordnung) unmittelbar kraft Gesetzes sofort vollziehbar (vgl. BayVGH, B.v. 29.3.2007 – 11 CS 06.874 – juris).
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Es prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind, und trifft im Übrigen eine Ermessensentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs mit zu berücksichtigen, soweit sich diese bereits übersehen lassen.
Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 des Bescheides gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO im ausreichenden Maße begründet.
Aufgrund summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass die Anfechtungsklage des Antragstellers in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Unabhängig davon ist hier ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu erkennen. Der Bescheid des Landratsamtes Schweinfurt vom 8. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, weil der Antragsteller als Konsument von Amphetamin zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.
Die Fahrerlaubnisentziehung ist nicht zu beanstanden.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz), § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber der Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV ist die Fahrerlaubnis insbesondere zu entziehen, wenn Mängel nach der Anlage 4 zur FeV vorliegen. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu FeV schließt allein die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ist die Entscheidung zwingend; einer – gegebenenfalls weiteren – Gutachtenseinholung bedarf es nicht (§ 11 Abs. 7 FeV).
Die normative Wertung von Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV entfaltet strikte Bindungswirkung, solange keine Umstände des Einzelfalls vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Es obliegt dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag nachweislich die besonderen Umstände darzulegen, die die Abweichung von der Regelvermutung rechtfertigen sollen. Ausnahmen von dieser Regel werden grundsätzlich nur anerkannt, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeiten, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren obliegt es dem Fahrerlaubnisinhaber, das in seiner Person gegebene Bestehen solcher atypischen Umstände nicht bloß zu behaupten, sondern substanziiert darzulegen. Nach der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV kann die Regelvermutung der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV insbesondere dann in einem anderen Licht erscheinen, wenn eine Kompensation durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen möglich erscheint (OVG NRW, B.v. 2.9.2013 – 16 B 976/13 – juris; BayVGH, B.v. 27.5.2013 – 11 CS 13.718 – juris). Derartige Umstände sind weder substanziiert vorgebracht, noch für das Gericht sonst ersichtlich.
Aufgrund der aktenkundigen Feststellungen steht für das Gericht fest, dass der Antragsteller Betäubungsmittel (Amphetamin) im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes konsumiert hat, was die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen indiziert. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um gelegentliche oder regelmäßige Einnahme oder gar um Abhängigkeit handelt; ein einmaliger Konsum genügt. Ein Kraftfahrer, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (außer Cannabis) konsumiert, ist – unabhängig von einer Teilnahme am Straßenverkehr, unabhängig von der Konzentration des Betäubungsmittels im Blut oder Urin und unabhängig von konkreten betäubungsmittelbedingten Ausfallerscheinungen oder gar einer Fahruntüchtigkeit – im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen (vgl. VG Bayreuth, G.v. 22.1.2014 – B 1 K 12.663 – juris; BayVGH, B.v. 12.11.2012 – 11 ZB 12.1579 – juris; B.v. 27.3.2009 – 11 CS 09.85 – juris; B.v. 23.4.2008 – 11 CS 07.2671 – juris).
Zur Überzeugung des Gerichts hat der Antragsteller Amphetamin konsumiert.
Rechtlich unerheblich ist, dass der Konsum des Antragstellers etwa nicht durch ein Gutachten ausdrücklich festgestellt worden ist. Denn nachweislich ist der Drogenkonsum unter Anwendung des sowohl für die Behörde als auch für das Gericht bei der Tatsachenfeststellung geltenden Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (vgl. § 108 Abs. 1 VwGO), wenn die Behörde bzw. das zur Überprüfung ihrer Entscheidung berufene Gericht nach Würdigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles die Überzeugung gewinnt, dass der Konsum stattgefunden hat. Grundlage dafür können unter anderem die Angaben des Antragstellers sowie sonstige Umstände sein.
Vorliegend spricht für einen Konsum des Antragstellers schon, dass er laut den Feststellungen im Polizeibericht vom 10. Dezember 2013 bei der Personenkontrolle am 7. Dezember 2013 zunächst versucht hat, der Kontrolle zu entgehen und sodann drogentypische Auffälligkeiten gezeigt hat. Denn die Polizei hat festgestellt, dass der Antragsteller augenscheinlich unter Betäubungsmittel gestanden hat (unter anderem nervöser Kauzwang, erweiterte Pupillen, Schweißperlen auf der Stirn). Des Weiteren ist in dem Polizeibericht ausdrücklich erwähnt, dass der Antragsteller ohne größeren Umschweif angegeben hat, im Lauf des Abends „Speed“ (Amphetamin) konsumiert zu haben. Hinzu kommt die Anmerkung des Sachbearbeiters, er habe im Gespräch mit dem Antragsteller den Eindruck gewonnen, dass er regelmäßig Betäubungsmittel konsumiere, weil er wisse, wie man Amphetamin für eine Konsumeinheit portionieren müsse. Zudem ist beim Antragsteller anlässlich der Kontrolle ein Druckverschlusstütchen mit 1,8 g Amphetamin (brutto) sichergestellt worden ist. Der Antragsteller ist deswegen wegen Besitzes von Betäubungsmitteln mit rechtskräftig gewordenem Strafbefehl vom 13. Januar 2014 zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Nach der Lebenswirklichkeit sind der Besitz von Betäubungsmittel und der Betäubungsmittelkonsum im hohen Grade miteinander verknüpft.
Das Gericht darf die eigenen Einlassungen des Antragstellers zu seinen Lasten heranziehen, denn gerade auch das Erklärungsverhalten des Fahrerlaubnisinhabers ist von Bedeutung und bei der Feststellung eines Drogenkonsums beachtlich (vgl. OVG RhPf, B.v. 2.3.2011 – 10 B 11400/10 – NJW 2011, 1985). Die Angaben, die der Antragsteller bei der Polizei gemacht hat, konnten im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren gegen ihn verwendet werden. Selbst bei einem etwaigen Verstoß gegen strafprozessuale Bestimmungen würde dies nicht zu einem Verwertungsverbot im Fahrerlaubnisrecht führten (OVG NRW, B.v. 2.9.2013 – 16 B 976/13 – juris). Das Gericht sieht keinen Grund, die eigenen Angaben des Antragstellers unberücksichtigt zu lassen. Es gibt keinen Rechtssatz, Angaben, die der Antragsteller in der Vergangenheit gemacht hat, nicht heranzuziehen. Vielmehr ist der Betroffene auch im Fahrerlaubnisverfahren zur Mitwirkung verpflichtet, wie die Regelungen in Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG und § 11 Abs. 8 FeV zeigen. Die Mitwirkungsverpflichtung schließt seine Angaben zum Konsum von Stoffen, die die Fahreignung in Frage stellen können, ein (BayVGH, B.v. 6.5.2013 – 11 CS 13.425 – juris; B.v. 27.3.2013 – 11 CS 13.548 – juris; B.v. 18.4.2011 – 11 C 10.3167, 11 CS 10.3168 – SVR 2011, 389).
Kommt der Betroffene seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht nach, obwohl ihm das ohne weiteres möglich und zumutbar ist und er sich der Erheblichkeit der in Rede stehenden Umstände bewusst sein muss, ist es zulässig dieses Verhalten bei der Beweiswürdigung zu seinen Lasten zu berücksichtigen. Denn gerade dann, wenn sich ein Beteiligter– wie hier – nicht klar und eindeutig zu Gegebenheiten äußert, die seine eigene Lebenssphäre betreffen und über die er besser als der Verfahrensgegner Bescheid wissen muss, darf ein Gericht im Rahmen der sich aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden Befugnis zur freien Beweiswürdigung das prozessuale Erklärungsverhalten des Beteiligten berücksichtigen (BayVGH, B.v. 6.5.2013 – 11 CS 13.425 – juris). Wenn der Antragsteller einen Amphetaminkonsum einräumt, nachdem er wegen deutlich sichtbarer, drogentypischer Auffälligkeiten angesprochen worden ist, muss er diese Angaben gegen sich gelten lassen. Ein schlichtes späteres Bestreiten genügt nicht.
Das Gericht sieht keine überzeugenden Anhaltspunkte, dass die im Polizeibericht festgestellten Angaben nicht der Wahrheit entsprächen, nachdem insbesondere auch der Antragsteller keine gegenteiligen Umstände glaubhaft vorgetragen hat. Der Einwand, der Antragsteller habe zum damaligen Zeitpunkt der Kontrolle keine gesicherte Kenntnis von der konkret eingenommenen Substanz gehabt, widerlegt nicht den Amphetaminkonsum, sondern bestätigt ihn. Hinzu kommt, dass der Antragsteller im Übrigen überhaupt keine näheren Angaben zu seinem Konsum an dem fraglichen 7. Dezember 2013 gemacht hat. Er hat insbesondere nicht näher ausgeführt, welche andere Mittel er konsumiert haben will bzw. was er mit dem bei ihm vorgefundenen Amphetamin sonst vorgehabt hat, als es auch selbst zu konsumieren. Der Antragsteller hat bis heute selbst nicht ausdrücklich gesagt, dass er überhaupt kein Amphetamin konsumiert hat. Er gab lediglich an, er zweifle die polizeiliche Feststellung an. Die Antragsbegründung behauptet damit nicht einmal ausdrücklich, dass der Antragsteller kein Konsument von Amphetamin ist, sondern bezweifelt nur den Nachweis des Konsums. Die Tatsache, dass der Antragsteller anschließend im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung weitere Angaben verweigert hat, ändert nichts am Aussagegehalt seiner zuvor getätigten Einlassungen.
Der Umstand, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Aussagen gegenüber der Polizei noch nicht über seine Rechte belehrt worden ist, hindert nicht die Verwertbarkeit im vorliegenden Verfahren. Denn im sicherheitsrechtlichen Fahrerlaubnisentziehungsverfahren unterliegen Kenntnisse, die in einem Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahren möglicherweise rechtswidrig gewonnen worden sind, jedenfalls keinem pauschalen Verwertungsverbot. Die Rechtsfolgen etwaiger Mängel der Beweiserhebung im Strafverfahren können nicht unbesehen auf das ordnungsrechtliche Fahrerlaubnisverfahren übertragen werden, da dieses andere Zielsetzungen verfolgt und anderen Verfahrensbestimmungen unterliegt. Im Fahrerlaubnisrecht besteht kein ausdrückliches Beweisverwertungsverbot. Ein dahingehender allgemeiner Rechtsgrundsatz existiert nicht. In Fällen der vorliegenden Art ist nicht allgemein von Beweisverwertungsverboten auszugehen, sondern nach den Umständen des Einzelfalles und der Abwägung der Schwere des Eingriffs in die Rechte des Betroffenen einerseits sowie des Interesses an der Straßenverkehrssicherheit und am Schutz von Leben und Gesundheit unbeteiligter Dritter andererseits abzuwägen. Diese Abwägung fällt im Fahrerlaubnisrecht in aller Regel – und so auch vorliegend – zu Lasten des jeweiligen Fahrerlaubnisinhabers aus. Während Beweisverwertungsverbote im repressiven Zwecken dienenden Strafprozess dem Spannungsverhältnis zwischen dem staatlichen Strafverfolgungsanspruch einerseits und dem Grundrechtsschutz des Betroffenen andererseits Rechnung tragen, sind im rein präventiv Fahrerlaubnisverfahren mit erheblichen Gewicht auch die Rechtsgüter einer unbestimmten Anzahl Dritter, nämlich Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, zu beachten. Mit dem Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrerlaubnisinhabern wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Fahrerlaubnisbehörde an der Berücksichtigung (eventuell) strafprozessual fehlerhaft gewonnener Erkenntnisse allgemein gehindert wäre bzw. wegen eines außerhalb ihres Verantwortungsbereichs begangenen Verfahrensfehlers sehenden Auges die gravierenden Gefahren hinzunehmen hätte, die mit der Verkehrsteilnahme eines derzeit kraftfahrungeeigneten Fahrerlaubnisinhabers verbunden sind (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2014 – 11 CS 13.2320 – juris; OVG NRW, B.v. 2.9.2013 – 16 B 976/13 – juris). Danach ist für das fahrerlaubnisrechtliche Verfahren nicht von Relevanz, dass der Antragsteller nicht über sein Aussageverweigerungsrecht belehrt worden war, bevor er den Konsum von „Speed“ zugab (ebenso VG München, B.v. 12.8.2009 – M 1 S 09.3366 – juris).
Des Weiteren liegt auch kein Verstoß gegen § 3 Abs. 4 StVG vor. Der Antragsteller ist mit Strafbefehl vom 13. Januar 2014 lediglich wegen des Besitzes von Amphetamin verurteilt worden, so dass eine Fahrerlaubnisentziehung gemäß § 69 StGB von vornherein ausscheidet. Demgegenüber geht es im Rahmen des vorliegenden Verwaltungsverfahrens um den Konsum von Amphetamin unabhängig von der motorisierten Verkehrsteilnahme.
Weiter ist auch kein Ausnahmefall anzunehmen. Nach der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV kann – wie bereits ausgeführt – die Regelvermutung in Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV nur dann in einem anderen Licht erscheinen, wenn eine Kompensation durch eine besondere menschliche Veranlagung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen möglich erscheint. Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen. Der Wortlaut dieser Bestimmung zeigt, dass sie an besondere Umstände anknüpft, die ihren Ursprung in der Person des Betroffenen selbst haben und bewirken, dass sie aufgrund einer besonderen Steuerungs- oder Kompensationsfähigkeit trotz Drogenkonsums ausnahmsweise fahrgeeignet ist (BayVGH, B.v. 27.5.2013 – 11 CS 13.718 – juris). Solche besonderen Umstände, die vor Erlass des Entziehungsbescheides eine weitere Aufklärung im Rahmen eines medizinischen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens nahegelegt hätten, sind vom Antragsteller weder substanziiert vorgebracht worden, noch sonst ersichtlich.
Der Antragsteller hat zur Begründung eines etwaigen Ausnahmefalls auch nicht vorgetragen, dass in seinem speziellen Fall eine vom Regelfall abweichende Wirkung der Einnahme von Amphetamin auf die Fahreignung bestünde (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2011 – 11 ZB 11.462 – juris). Der Antragsteller hat insbesondere keine näheren Angaben über die Umstände seines Drogenkonsums gemacht. Die Ordnungsfunktion des Fahrerlaubnisrechts, das spezielle Voraussetzungen für die Wiedererlangung einer drogenbedingt entfallenen Fahreignung enthält (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV), und damit auch der Schutzanspruch anderer Verkehrsteilnehmer wären durchgreifend in Frage gestellt, wollte man einen Ausnahmefall bejahen (vgl. OVG NRW, B.v. 28.8.2013 – 16 A 1578/13 – juris).
Nach alledem hat die erhobene Klage bei summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg, so dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ausscheidet.
Der Bescheid vom 8. Januar 2014 ist auch im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Bescheid Bezug genommen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 des Bescheides ist auch unabhängig von dem Vorstehenden im überwiegenden öffentlichen Interesse gerechtfertigt. Es ist nicht verantwortbar, den Antragsteller bis zur eventuellen Bestandskraft der Fahrerlaubnisentziehung am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Es besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit, vor Kraftfahrern geschützt zu werden, die ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Die sicherheitsrechtliche Fahrerlaubnisentziehung ist eine präventive Maßnahme zum Schutz der Sicherheit im Straßenverkehr. Sie mag im Einzelfall einschneidende Folgen für die Lebensführung des Betroffenen haben, jedoch können persönliche Härten für den Antragsteller beim Entzug der Fahrerlaubnis, der als sicherheitsrechtliche Maßnahme im Interesse der Allgemeinheit ergeht, nicht berücksichtigt werden. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung käme nur dann in Betracht, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprächen, dass der Antragsteller nicht bzw. nicht mehr fahrungeeignet ist, und sich abschätzen ließe, dass das von ihm ausgehende Gefahrenpotenzial nicht nennenswert über dem des Durchschnitts der motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt. Davon kann angesichts der feststehenden Fahrungeeignetheit des Antragstellers und der hohen Dunkelziffer von Drogenfahrten nicht ausgegangen werden. Insgesamt besteht gegenwärtig weiterhin Anlass zu der Annahme, dass eine aktive Teilnahme des Antragstellers am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für die Sicherheit begründet, die deutlich über der allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbundenen Gefahr liegt. Eine sofort wirksame Fahrerlaubnisentziehung ist gerechtfertigt, da der Antragsteller trotz sonst fehlender Kraftfahreignung am Straßenverkehr teilnehmen könnte. Die privaten Interessen des Antragstellers auch im Hinblick auf den Umgang mit seinem getrennt von ihm lebenden Kind können keine ausschlaggebende Rolle zu seinen Gunsten spielen und müssen in der Abwägung zurücktreten. Aufgrund der hohen Gefährlichkeit der Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr können Billigkeitserwägungen keine Beachtung finden. Die erwähnten freiwilligen Drogen-Screenings fallen nach den Gesamtumständen für die Beurteilung des Fahrerlaubnisentzugs nicht ins Gewicht; sie sind allenfalls später für eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach einer im Regelfall einjährigen Abstinenz und einer positiven medizinisch-psychologischen Begutachtung relevant (vgl. auch BayVGH, B.v. 27.3.2013 – 11 CS 13.548 – juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung resultiert aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG. Wegen der Höhe des Streitwerts folgt das Gericht den Empfehlungen in Abschnitt II des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Hiernach ist für die Fahrerlaubnis der Klassen A und B, die die anderen Klassen mitumfassen, gemäß Abschnitt II Nr. 46.1 und Nr. 46.3 jeweils der Auffangwert von 5.000,00 EUR anzusetzen, insgesamt 10.000,00 EUR. Nach Abschnitt II Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs ist der Streitwert für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren, so dass lediglich 5.000,00 EUR festzusetzen waren.