Die bekannten HWS-Distorsions-Unfallstudien beschäftigen sich in der Regel mit Heckkollisionen und nicht mit Frontalkollisionen. Der sog. „Harmlosigkeitsbereich“ für eine Frontalbelastung ist derzeit nicht so gesichert zu beurteilen, wie bei einer Heckkollision. Der Verweis auf Einzelstudien ersetzt in diesem Bereich nicht die detaillierte Auseinandersetzung mit dem Einzelfall. Insoweit sei auf die Entscheidung des BGH vom 28.01.2003, Az.: VI ZR 139/02 verwiesen, in der ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass bei HWS-Distorsionen keine schematische Annahme einer „Harmlosigkeitsgrenze“ vorgenommen werden darf.
Neben der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung hängt das Eintreten einer Verletzung der Halswirbelsäule auch von der Sitzposition der betreffenden Fahrzeuginsassen und deren Bewegungen und Verhalten während des Unfallablaufes ab. Es gibt biomechanisch keine starre Grenze hinsichtlich der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung für die Verursachung einer Verletzung an der Halswirbelsäule (vgl. BGH, Urteil vom 03.06.2008, Az.: VI ZR 235/07 auf Seite 9, Rn. 15). Desweiteren sei darauf hingewiesen, dass die Sachverständigen für Unfallanalyse und Biomechanik regelmäßig nicht über die erforderliche medizinische Fachkompetenz, auf die es letztlich für die Frage der Ursächlichkeit des Unfalls für die geklagten Beschwerden ankommt, verfügen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 08.07.2008, Az.: VI ZR 274/07, Seite 7 f., Rn. 10; sowie BGH, Urteil vom 03.06.2008, Az.: VI ZR 235/07). Die individuelle Verletzungsmöglichkeit des Geschädigten sowie die Art und Schwere der erlittenen Verletzungen und deren medizinischer Verlauf setzen zu deren fachlich kompetenter Beurteilung medizinische Kenntnisse voraus (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 08.07.2008, Az.: VI ZR 274/07, Seite 7 f., Rn. 10; sowie BGH, Urteil vom 03.06.2008, Az.: VI ZR 235/07). Ihre Beantwortung muss grundsätzlich dem medizinischen Sachverständigen vorbehalten bleiben (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 08.07.2008, Az.: VI ZR 274/07, Seite 7 f., Rn. 10; sowie BGH, Urteil vom 03.06.2008, Az.: VI ZR 235/07).