AG Neumarkt, Az.: 1 C 112/15, Urteil vom 11.06.2015
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vorher der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss: Der Streitwert wird auf 1.000,– € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall.
Am 7.09.2014 kam es zwischen dem klägerischen Fahrzeug Opel Insignia, amtliches Kennzeichen … und einem bei der Beklagten versicherten Pkw zu einem Unfall auf der Landstraße zwischen Lengenfeld bei Velburg und Vogelbrunn. Der Unfall wurde von der Fahrerin des Beklagten-Fahrzeugs alleine verursacht. Der Kläger ließ den Schaden an seinem Fahrzeug außergerichtlich durch einen Kfz-Sachverständigen feststellen. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die Reparaturkosten netto bei 17.650,87 € liegen würden. Den Wiederbeschaffungswert inklusive 19 % Mehrwertsteuer ermittelte der Sachverständige mit 16.900,– €, den Restwert (steuerneutral) mit 4.900,– €.
Auf das Schadensgutachten des Sachverständigen S vom 15.09.2014 (Anlage K1) wird Bezug genommen.
Am 22.09.2014 veräußerte der Kläger das Unfallfahrzeug für 5.900,– € an das Autohaus S Die Beklagte regulierte in der Folge den Sachschaden des Klägers auf der Grundlage des vom Kläger tatsächlich erzielten Restwertes, d. h. sie erstattete an den Kläger 1.000,– € weniger, als dieser auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens von der Beklagten insgesamt begehrte.
Der Kläger trägt vor, er habe den um 1.000,– € über dem vom Sachverständigen ermittelten Betrag liegenden Verkaufspreis für das Unfallfahrzeug nur durch besonderes Verhandlungsgeschick erzielt. Er ist daher der Meinung, dass die Schadensregulierung auf der Grundlage des vom Sachverständigen ermittelten niedrigeren Restwertes in Höhe von 4.900,– € zu erfolgen habe.
Der Kläger beantragt daher: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.000,– € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 15.11.2014 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.
Sie ist der Meinung, dass bei der Schadensberechnung vom tatsächlich erzielten Verkaufserlös für das Unfallfahrzeug auszugehen sei. Anderes gelte nur, wenn der Geschädigte diesen Preis durch obligatorische Anstrengungen erzielt habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 7.05.2015 keine Beweisaufnahme durchgeführt. Im Übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Angaben des Klägers im Rahmen seiner informatorischen Anhörung im Sitzungsprotokoll.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen.
I. Der Kläger hat keinen über den bereits regulierten Betrag hinausgehenden Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus §§ 7, 17 StVG, 823 BGB, 115 VVG iVm § 249 BGB.
1. Bei Abrechnung auf Wiederbeschaffungsbasis liegt der dem Geschädigten zu ersetzende Schaden dann, wenn der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug nicht reparieren lasse, sondern es veräußern und ein Ersatzfahrzeug anschaffen will, in der Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert (vgl. BGHZ 115, 364 (372) = NJW 1992, 302; BGHZ 143, 189 (193) = NJW 2000, 800; BGHZ 163, 362 (365) = NJW 2005, 3134). Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.
2. Die Parteien sind sich lediglich darüber uneinig, welcher Restwert bei dieser Berechnung anzusetzen ist: der vom Sachverständigen ermittelte oder der tatsächlich erzielte.
a) Zwar darf der Geschädigte bei seiner Schadensabrechnung im allgemeinen denjenigen Restwert zu Grunde legen, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemein regionalen Markt ermittelt hat (statt vieler: BGH NJW 2010, 2724). Anderes gilt aber dann, wenn der Geschädigte für das Unfallfahrzeug ohne besondere Anstrengungen einen Erlös erzielt hat, der den vom Sachverständigen geschätzten Betrag übersteigt. In diesem Fall hat er durch die Verwertung seines Fahrzeugs in Höhe des tatsächlich erzielten Erlöses dem ihm entstandenen Schaden ausgeglichen. Da nach allgemeinem schadensrechtlichen Grundsätzen der Schädiger zwar vollen Ersatz verlangen kann, an dem Schadensfall aber nicht „verdienen“ soll, kann ihn der Schädiger an dem tatsächlich erzielten Erlös festhalten (BGH aaO).
b) In seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 7.05.2015 hat der Kläger angegeben, er sei zum Autohaus S gegangen. Dort habe er das Fahrzeug ursprünglich auch gekauft. Er habe dort über das Restwertangebot verhandeln wollen. Er sei mit dem Gutachten in die Vertragsverhandlungen gegangen und habe gefragt, was man an dem dort festgestellten ermittelten Restwertsangebot noch machen könne. Mit dem Argument, dass er das Fahrzeug damals beim Autohaus S gekauft habe, obwohl er ein besseres Angebot bei einem anderen Autohaus gehabt habe, habe ihm der Mitarbeiter des Autohauses S dann einen Ankaufspreis von 1.000,– € über dem Gutachten angeboten. Das Autohaus S sei in N in der Regensburger Straße. Der Kläger selbst wohne in Se. Es sei das erste und einzige Angebot gewesen, das er eingeholt habe.
c) Das Gericht kann in diesem Vorgehen des Klägers keine besonderen Anstrengungen erkennen. Der Kläger musste weder lange nach einem Kaufinteressenten suchen: Das Autohaus S wurde ihm als Kaufinteressent mit dem höchsten Angebot in seinem außergerichtlich eingeholten Schadensgutachten als eines von drei Bietern genannt. Es handelte sich dabei auch um das ihm bekannte Autohaus, in dem er das Fahrzeug ursprünglich gekauft hat. Der Kläger hat schließlich auch mit keinen weiteren Kaufinteressenten telefoniert und zum Verkauf keinen besonders weiten Weg in Kauf nehmen müssen. Die Entfernung zwischen seinem Wohnort und dem Autohaus beträgt ca. 20 km und ist in einer Fahrzeit von durchschnittlich 21 Minuten zu erreichen.
II. Die geltend gemachten Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptsache.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage schließlich in § 3 ZPO in Verbindung mit § 43 Abs. I GKG.