Rabatt bei der Autoreparatur: Urteil des LG Bochum bestätigt Wirtschaftlichkeitsgebot
Im Urteil des Landgerichts Bochum (Az.: I-9 S 162/14) wurde entschieden, dass ein Kläger keine weitergehenden Schadensersatzansprüche geltend machen kann, wenn die Reparaturkosten aufgrund eines zugesagten Rabatts innerhalb der 130%-Grenze liegen. Dieses Urteil bestätigt, dass es im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots zulässig ist, eine Reparatur durchzuführen, wenn die Kosten dafür den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Das Landgericht Bochum hat entschieden, dass der Kläger keine weitergehenden Schadensersatzansprüche geltend machen kann, wenn die Reparaturkosten eines Fahrzeugs aufgrund eines zugesagten Rabatts innerhalb der 130%-Grenze liegen.
- Dieses Urteil bestätigt das Prinzip des Wirtschaftlichkeitsgebots.
- Selbst wenn vorab geschätzte Reparaturkosten die 130%-Grenze überschreiten, kann eine Reparatur durchgeführt werden, wenn die tatsächlichen Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht überschreiten.
- Die Entscheidung hebt hervor, dass die Reparatur eines beschädigten Fahrzeugs in aller Regel unvernünftig ist, wenn die voraussichtlichen Kosten der Reparatur mehr als 30% über dem Wiederbeschaffungswert liegen.
- Der Geschädigte darf sich durch Schadensersatz nicht bereichern und darf nur vollen Ersatz verlangen.
- Bei der Abrechnung nach den konkreten Reparaturkosten ist es möglich, dass die Reparatur tatsächlich günstiger ausgeführt werden kann, als vorab geschätzt.
- Es ist zulässig, eine fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen.
- Das Gericht lehnt eine veraltete Entscheidung des Landgerichts Bremen ab, die eine solche Vorgehensweise ausschloss.
Übersicht
Rabatt-Vorteile: Ein Wendepunkt im Verkehrsunfall-Kostenfall
Wenn Sie jemals an einem Verkehrsunfall beteiligt waren, kennen Sie wahrscheinlich die 130%-Regelung in der Deutschen Rechtsprechung. Diese Regel betrifft die Entscheidungsfindung über die Reparatur eines beschädigten Fahrzeugs. Sie besagt, dass wenn die Kosten der Reparatur mehr als 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs liegen, die Reparatur als unwirtschaftlich angesehen wird und die Versicherung nur für die Wiederbeschaffung des Fahrzeugs aufkommen muss.
Ihr Fahrzeug dennoch reparieren zu lassen, kann eine kluge Entscheidung sein – insbesondere wenn ein vereinbarter Rabatt in Anspruch genommen werden kann. Dieser Rabatt kann dazu führen, dass die Reparaturkosten innerhalb der 130%-Grenze bleiben, was eine Erstattung möglich macht. Die Berechnung der endgültigen Kosten der Reparatur nach Anwendung des Rabatts spielt dabei eine entscheidende Rolle. Diese Situation zeigt, dass es wesentlich ist, alle rechtlichen Konsequenzen und Möglichkeiten genau zu prüfen und zu verhandeln, bevor man sich für den besten Weg zur Behebung des Fahrzeugschadens entscheidet. Mit der Betrachtung spezifischer Fälle zu diesem Thema, können einzigartige Einblicke in die praktische Anwendung dieser Regelung erlangt werden.
Ein Rabatt bringt die Reparaturkosten in die 130%-Grenze
Die Geschichte beginnt mit einem gewöhnlichen Verkehrsunfall im Sommer 2013. Der Fahrer des beschädigten Autos, der Kläger, beabsichtigt, sein Fahrzeug trotz erheblicher Schäden reparieren zu lassen. Seine Kfz-Werkstatt bietet ihm jedoch einen Rabatt an. Damit ist der Fall nicht mehr ganz so alltäglich, denn durch diesen Rabatt halten die Reparaturkosten die von der Rechtsprechung gezogene 130%-Grenze ein.
Das Wirtschaftlichkeitsgebot im Blick
Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der Schadenverursacher den vorherigen, unbeschädigten Zustand wiederherzustellen – in diesem Fall das beschädigte Fahrzeug. Das bedeutet nicht immer, dass der Wagen repariert werden muss. Von Bedeutung ist hier das Wirtschaftlichkeitsgebot, welches fest im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert ist. Der Geschädigte muss also eine wirtschaftliche Entscheidung treffen: er hat die Wahl zwischen der Reparatur seines Autos und der Forderung des dafür erforderlichen Geldbetrags.
Können Reparaturen wirtschaftlich unvernünftig sein?
In der Regel ist die Reparatur eines beschädigten Fahrzeugs dann als wirtschaftlich unvernünftig anzusehen, wenn die Kosten für die Reparatur mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Autos liegen. In einem solchen Fall kann der Geschädigte grundlegend nur die Kosten für die Wiederbeschaffung verlangen. So weit, so klar. Was aber, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren lässt?
Die Rabatt-Regelung und das Urteil des LG Bochum
Genau das passierte in unserem Fall. Der Kläger entschied sich für die kostspielige Reparatur seines Fahrzeugs – und erhielt dafür einen Rabatt von seiner Kfz-Werkstatt. Diese ungewöhnliche Situation führte geradewegs zum Landgericht Bochum. Ergebnis: Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Denn mit dem Rabatt blieben die Reparaturkosten unter der magischen 130%-Grenze. Folglich war die Reparatur des Fahrzeuges in den Augen des Gerichts wirtschaftlich vertretbar und das Urteil des LG Bochum bestätigte das.
Um es zusammenzufassen: Das Gericht bewertete die Rabatt-Regelung als ausreichend, um den vollen Betrag der Reparaturkosten vom Schädiger zu fordern. Denn durch den Rabatt lag der Betrag innerhalb der 130%-Grenze, was das Wirtschaftlichkeitsgebot erfüllt. Das bedeutet, dass der Kläger seinem Recht auf Schadensersatz gerecht wurde, ohne sich an dem Schadensfall zu bereichern.
Interessierte können den kompletten Urteilstext des LG Bochum weiter unten nachlesen.
✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt
Was genau bedeutet die 130%-Grenze bei Autoreparaturen nach einem Verkehrsunfall?
Die 130%-Grenze bei Autoreparaturen nach einem Verkehrsunfall bezieht sich auf eine Regelung im deutschen Schadensrecht. Wenn ein Fahrzeug bei einem Unfall beschädigt wird und ein wirtschaftlicher Totalschaden festgestellt wird, bedeutet dies normalerweise, dass die Reparaturkosten höher sind als der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs. Die 130%-Regel ermöglicht es jedoch unter bestimmten Umständen, dass die Reparaturkosten bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert liegen dürfen, ohne dass der Schaden als wirtschaftlicher Totalschaden abgerechnet wird.
Die Regelung dient dem Schutz des Geschädigten, der an seinem Fahrzeug hängt und es trotz der hohen Reparaturkosten behalten möchte. Der Hintergrund ist das sogenannte Integritätsinteresse des Geschädigten, also das Interesse, das vertraute Fahrzeug zu erhalten.
Um die 130%-Regelung in Anspruch nehmen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das Fahrzeug muss vollständig und fachgerecht repariert werden.
- Der Geschädigte muss das Fahrzeug nach der Reparatur mindestens sechs Monate weiter nutzen.
- Die Reparaturkosten zuzüglich einer eventuellen merkantilen Wertminderung dürfen den Wiederbeschaffungswert um maximal 30% übersteigen.
Sollten die tatsächlichen Reparaturkosten nach der Reparatur die 130%-Grenze überschreiten, so hat der Geschädigte grundsätzlich nur Anspruch auf Erstattung bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen die tatsächlich höheren Reparaturkosten übernommen werden können, wenn beispielsweise die Reparaturkosten im Gutachten unterschätzt wurden.
Die 130%-Regelung ist ein komplexes Thema, bei dem es ratsam ist, neben einem Sachverständigen auch einen versierten Rechtsanwalt hinzuzuziehen, um die eigenen Ansprüche geltend zu machen.
Wie wird der Schadensersatzanspruch nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot bestimmt?
Der Schadensersatzanspruch nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot wird gemäß den §§ 249 ff. BGB bestimmt. Das Wirtschaftlichkeitsgebot besagt, dass der Geschädigte nur einen wirtschaftlich angemessenen Betrag als Schadensersatz fordern kann. Der Geschädigte ist gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.
Die grundsätzliche Form des Schadensersatzes ist die Naturalrestitution, bei der der Schädiger den Zustand herstellen muss, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Wenn die Naturalrestitution unverhältnismäßig ist, kann der Geschädigte stattdessen eine Geldentschädigung verlangen.
Bei der Bestimmung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, muss auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten genommen werden, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für subjektbezogene Schadensbetrachtung.
Beispiel: Wenn ein Fahrzeug beschädigt wurde und es mehrere Möglichkeiten gibt, den Schaden zu beheben, muss der Geschädigte die wirtschaftlichste Option wählen. Wenn beispielsweise die Reparatur in einer Werkstatt 4.000 € kostet und in einer anderen Werkstatt 5.000 €, kann der Geschädigte den vollen Preis nur dann ersetzt verlangen, wenn er wirtschaftlich vernünftig handelt und die günstigere Option wählt.
Es ist zu beachten, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Bereicherungsverbot die Höhe des Schadensersatzanspruchs begrenzen.
Das vorliegende Urteil
LG Bochum – Az.: I-9 S 162/14 – Urteil vom 13.01.2015
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (§§ 708 Nr. 10, 713 ZPO).
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein weitergehender Schadensersatzanspruch zu. Zwar steht deren alleinige Eintrittspflicht aufgrund des Verkehrsunfalls vom 21.6.2013 fest; den entstandenen Schaden hat sie aber im gebotenen Umfang ausgeglichen.
1. Schadensersatzanspruch nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot
Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen der Verletzung einer Person oder der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug reparieren, hat er – wie stets – das in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verankerte Wirtschaftlichkeitspostulat zu beachten. Dieses gebietet dem Geschädigten, den Schaden auf diejenige Weise zu beheben, die sich in seiner individuellen Lage als die wirtschaftlich vernünftigste darstellt, um sein Vermögen in Bezug auf den beschädigten Bestandteil in einen dem früheren gleichwertigen Zustand zu versetzen. Verursacht von mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, so ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt. Nur der für diese Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke in dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Er soll zwar vollen Ersatz verlangen können, aber an dem Schadensfall nicht verdienen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2011, Az. VI ZR 17/11).
Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist in aller Regel unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Fahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (BGH, Urteil vom 14.12.2010, Az. VI ZR 231/09; Urteil vom 8.2.2011, Az. VI ZR 79/10).
2. Abrechnung nach konkreten Reparaturkosten im Einzelfall
Anderes kann allerdings gelten, wenn die Reparatur tatsächlich günstiger ausgeführt werden kann, als vorab geschätzt. Dem Kläger ist nämlich Recht darin zu geben, dass eine Abrechnung nach den konkreten Reparaturkosten grundsätzlich möglich ist.
Wenn wie vorliegend die Besonderheit besteht, dass die vorab durch Sachverständigengutachten prognostizierten Reparaturkosten weit über der 130 % – Grenze liegen, so dass sich eine Reparatur aus der ex ante-Betrachtung als wirtschaftlich unvernünftig darstellt, der Geschädigte tatsächlich die Reparatur aber zu einem deutlich geringeren Betrag im Rahmen des festgestellten Wiederbeschaffungswertes durchführen lassen kann, ist er mit einer solchen konkreten – günstigeren – Schadensabrechnung nicht per se ausgeschlossen.
Der veralteten Entscheidung des LG Bremen vom 2.7.1998 (Az. 6 S 224/98), auf die sich das Amtsgericht bezieht, folgt die Kammer insoweit nicht.
Denn dem Geschädigten kann aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturen nicht verwehrt werden. Dies gilt jedenfalls unter solchen Umständen, bei denen zwar die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 % Grenze liegen, es dem Geschädigten aber – auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen – gelungen ist, eine nach Auffassung des sachverständig beratenen Gerichts fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen (BGH, Urteil vom 14.12.2010, Az. VI ZR 231/09; Urteil vom 8.2.2011, Az. VI ZR 79/10; Urteil vom 15.11.2011, Az. VI ZR 30/11 – so auch jüngst die von Klägerseite vorgelegte Entscheidung des LG Düsseldorf vom 18.6.2014, Az. 23 S 208/13).
a) Notwendigkeit der fachgerechten und vollständigen Reparatur
Nach dieser Rechtsprechung ist eine Ersatzfähigkeit aber nur gegeben, wenn die Reparatur fachgerecht und den Vorgaben des Gutachtens entsprechend ausgeführt wurde.
Soweit der Kläger darauf abstellen will, diese Voraussetzung gelte nicht, wenn sich die Kosten – wie hier – im Rahmen des Wiederbeschaffungswertes verhielten, hat er damit angesichts der Eindeutigkeit der Entscheidungen, die keinen Unterschied dazwischen machen, ob die Kosten den Wiederbeschaffungswert überschreiten oder nicht, keinen Erfolg. Im Gegenteil hat der BGH ausdrücklich entschieden, dass auch bei tatsächlichen Reparaturkosten, deren Höhe den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigt, eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nur möglich ist, wenn die Reparatur fachgerecht und nach den Vorgaben des Gutachtens ausgeführt worden ist (BGH, Urteil vom 14.12.2010, Az. VI ZR 231/09; auch BGH, Urteil vom 8.2.2011, Az. VI ZR 79/10).
Der klägerseits zitierten Entscheidung des BGH, Urteil vom 5.12.2006, Az. VI ZR 77/06, kann eine anderslautende Aussage nicht entnommen werden. Die Entscheidung setzt sich maßgeblich mit der Frage „Weiternutzung des Fahrzeugs“ auseinander und thematisiert den Aspekt „fachgerechte Reparatur“ nicht, weil das Fahrzeug dort nach dem unstreitigen Tatbestand fachgerecht instand gesetzt worden war. Auch die in der Berufungsbegründung zitierte Entscheidung BGH, Urteil vom 8.12.2009, Az. VI ZR 119/09, trägt nicht, da der dortige Geschädigte nach einer Instandsetzung des Fahrzeugs lediglich weitere fiktive Reparaturkosten abrechnen wollte. Vorliegend möchte der Kläger aber gerade konkret abrechnen und behauptet insoweit, dass Fahrzeug nicht nur instand gesetzt, sondern fachgerecht und nach den Vorgaben des Gutachtens repariert zu haben.
Aus der nun vorgelegten Entscheidung des LG Düsseldorf vom 18.6.2014 ergibt sich nichts anderes. Außerdem ist der zitierten Entscheidung des LG Itzehoe, Urteil vom 21.12.2012, Az. 1 S 89/11, nur zu entnehmen, dass die Reparatur vollständig und fachgerecht erfolgen müsse. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren war ein Sachverständigengutachten über die durchgeführte Reparatur eingeholt worden, aufgrund dessen der dortige Kläger den entsprechenden Nachweis erbracht hatte. Zwar führt das Landgericht Itzehoe auch aus, dass nach seiner Auffassung die Reparatur nicht zwingend nach den Vorgaben des Sachverständigengutachtens erfolgen müsse; also, dass Teile nicht zwingend erneuert, sondern ggf. auch nur instand gesetzt werden können. An der grundsätzlich notwendigen fachgerechten und vollständigen Reparatur hält das Landgericht aber dennoch fest.
b) Fachgerechte und vollständige Reparatur im konkreten Fall
Vorliegend lässt sich eine solche fachgerechte und vollständige Reparatur des klägerischen Fahrzeugs nicht feststellen.
Es mangelt bereits an Vortrag des Klägers dazu, dass die in der Werkstatt L durchgeführte Reparatur den Vorgaben des Sachverständigengutachtens entsprach und vollständig gewesen ist.
Soweit der Kläger nur pauschal vorträgt, die Reparaturwerkstatt habe die Vorgaben des Gutachtens eingehalten (u.a. Schriftsatz vom 10.2.2014, Bl. 41 d. GA), genügt dies den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag nicht. Denn die Beklagtenseite hatte von vornherein bestritten, dass die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang, wie im Gutachten vorgesehen, erfolgt sei. Sie hat insoweit bereits in der Klageerwiderung ausgeführt, dass sich bei einer Gegenüberstellung der Reparaturkostenkalkulation des DEKRA-Gutachtens und den in Rechnung gestellten Positionen ergebe, dass nicht sämtliche Reparaturschritte ausgeführt worden seien.
Der Kläger bezieht sich im Wesentlichen auf die Bescheinigung der DEKRA vom 23.8.2013. Die Bezugnahme auf eine Anlage ersetzt den eigenen schriftsätzlichen Vortrag indes nicht. Anlagen können nur der Erläuterung des schriftsätzlichen Vorbringens dienen. Ersetzen können sie schriftsätzliches Vorbringen nicht (u.a. BGH, Beschluss vom 27.9.2001, Az. V ZB 29/01; Greger, in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, 2012, § 130 Rn 2). Hierauf hatte das Amtsgericht den Kläger ausdrücklich und eindeutig hingewiesen (Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 27.3.2014, Bl. 44 d.A.).
Nichtsdestotrotz hat der Kläger seinen Vortrag nicht ergänzt, sondern stattdessen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Dem ist das Amtsgericht zu Recht nicht nachgegangen. Denn auch das Beweisangebot ersetzt den substantiierten Vortrag nicht.
Eines weiteren, gleichlautenden Hinweises durch das Amtsgericht oder die Kammer bedurfte es zudem nicht. Zwar muss das Gericht einen einmal erteilten Hinweis präzisieren und der Partei Gelegenheit zur Stellungnahme geben, wenn sich erweist, dass die Partei den ursprünglichen Hinweis falsch aufgenommen hat. Dies ist aber nicht erforderlich, wenn der Hinweis – wie vorliegend – eindeutig ist, und sich ein weiterer Hinweis lediglich auf die Wiederholung des ursprünglichen Hinweises beschränken könnte (BGH, Beschluss vom 16.4.2008, Az. XII ZB 192/06). Das Amtsgericht musste auch nicht davon ausgehen, dass der Kläger den erteilten Hinweis nicht verstanden und um Erläuterung gebeten hat. Denn die Nachfrage im Schriftsatz vom 8.7.2014 bezog sich nicht auf den Hinweis vom 27.3.2014, sondern auf den Hinweis vom 8.5.2014. Bei einer anwaltlich vertretenen Partei kann zudem grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass bei einer unzureichenden Reaktion auf einen unmissverständlichen Hinweis weiterer Vortrag nicht möglich oder nicht beabsichtigt ist (Greger, in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, 2012, § 139 Rn 14a).
So hat der Kläger vielmehr mit seinem weiteren Vorbringen im Verfahren zum Ausdruck gebracht, den Hinweis zwar verstanden zu haben, aber der Rechtsauffassung zu sein, dass sich weiterer Vortrag erübrige, weil der Nachweis der fachgerechten und vollständigen Reparatur bei einer Reparatur innerhalb des Wiederbeschaffungswertes nicht erforderlich sei. Diese Auffassung ist aus oben genannten Gründen indes nicht zutreffend.
Hinreichender schriftsätzlicher Darlegung hätte es außerdem deshalb bedurft, weil in der vorgelegten Bescheinigung zwar bestätigt ist, dass der im DEKRA-Gutachten kalkulierte Schaden fachgerecht instand gesetzt worden sei. Eine Überprüfung der Lackierung (keine Farbabweichungen zu erkennen) und der Karosserie (z.B. Spaltmaße und Schließungen) habe ergeben, dass diese einwandfrei ausgeführt worden seien. Eine genaue Untersuchung ist aber offenbar unterblieben, da die Einschränkung „augenscheinlich“ enthalten ist.
Demgemäß hat die Beklagte in der Berufungserwiderung konkrete Beispiele genannt, inwieweit die durchgeführte Reparatur von der im Sachverständigengutachten kalkulierten Reparatur abweicht. Der Kläger ist dem nicht durch ergänzende Darlegungen entgegen getreten.
Schließlich wäre konkreter Vortrag zu der Vollständigkeit und Fachgerechtheit der Reparatur erforderlich gewesen, weil die tatsächlichen Reparaturkosten um ca. 40 % günstiger als kalkuliert waren und der Kläger – trotz gerichtlichen Hinweises – für diese deutliche Abweichung keine plausible Erklärung (z.B. Verwendung von gebrauchten Ersatzteilen, Instandsetzung statt Erneuerung, niedrigere Stundenlöhne als im Gutachten angesetzt, Altkundenrabatt oä) geliefert hat.
Soweit er in der Berufung rügt, dass der Geschädigte nichts zu den Motiven und Kalkulationen eines Reparaturbetriebes sagen könne und dass es insoweit zumindest eines rechtlichen Hinweises bedurft hätte, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen hätte er sich durch Nachfrage bei der Firma L die nötige Kenntnis verschaffen und ggf. vortragen können, dass die günstige Preisgestaltung z. B. auf der Verwendung von gebrauchten Ersatzteilen beruhte. Zum anderen hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 8.5.2014 (Bl. 54 d.GA.) darauf hingewiesen, dass der Kläger substantiiert vortragen müsse, auf welchen Umständen es beruhe, dass er eine Reparatur nach den Vorgaben des Sachverständigengutachtens zu einem deutlich günstigeren Preis als vom Sachverständigen prognostiziert hat ausführen lassen können.
Dieser Hinweis genügt nach Auffassung der Kammer den Anforderungen des § 139 ZPO. Hinweise müssen nämlich konkret und unmissverständlich sein, gegenüber einem Rechtsanwalt sind aber geringere Anforderungen zu stellen als gegenüber einer nicht anwaltlich vertreten Partei. In der Regel genügt ein knapper Hinweis auf den konkreten Mangel ohne nähere Begründung. Weiter gehende Anleitungen durch das Gericht liefen der Arbeitsteilung zwischen den Rechtspflegeorganen und der richterlichen Neutralität zuwider (Greger, in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, 2012, § 139 Rn 12a mwN). Vor diesem Hintergrund war dem Hinweis des Amtsgerichts eindeutig zu entnehmen, dass der Kläger zu den Umständen der günstigen Preisgestaltung und nicht, wie im Schriftsatz vom 19.5.2014 geschehen, zu dem äußeren Geschehensablauf vortragen sollte.
Einer weiteren Erläuterung des Hinweises durch das Gericht bedurfte es auch nach der Nachfrage im Schriftsatz vom 8.7.2014 daher nicht. Denn der Hinweis vom 8.5.2014 war so eindeutig, dass sich ein erneuter Hinweis lediglich in dessen Wiederholung erschöpft hätte.
Zudem hat das Amtsgericht in seinem Urteil ausdrücklich ausgeführt, wieso es den Vortrag des Klägers zu der Rabattgewährung als nicht ausreichend erachtet hat. Gleichwohl hat es der Kläger in der Berufungsbegründung versäumt, konkrete ergänzende Ausführungen zu machen. Seine Darlegung erschöpft sich in allgemeinen Erläuterungen dazu, wann es für einen Betrieb wirtschaftlich sinnvoll sein kann, Reparaturen unter den tatsächlich anfallenden Eigenkosten durchzuführen; eine konkrete Bezugnahme auf die Werkstatt L und die streitgegenständliche Reparatur fehlt jedoch.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte substantiiert zu der Ungeeignetheit der Reparatur vortragen müsste. Denn die Darlegungs- und Beweislast liegt bei dem Geschädigten. Er muss nachweisen, dass die tatsächlich durchgeführte Reparatur fachgerecht und den Vorgaben des Gutachtens entsprechend ausgeführt worden ist und wirtschaftlich nicht unvernünftig war (BGH, Urteil vom 8.2.2011, Az. VI ZR 79/10; Urteil vom 15.11.2011, Az. VI ZR 30/11).
c) Reparatur wirtschaftlich unvernünftig
Nach einer Entscheidung des BGH aus 2011, Urteil vom 8.2.2011, Az. VI ZR 79/10, muss der Geschädigte bei einer fachgerechten und den Vorgaben des Gutachtens entsprechenden Reparatur zudem nachweisen, dass diese wirtschaftlich nicht unvernünftig war. Hierzu gehört es insbesondere, dass er näher zu den Umständen der Rabattgewährung vorträgt.
Der Kläger ist der Ansicht, dass diese Entscheidung auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar ist. Insoweit ist richtig, dass der Entscheidung eine Konstellation zugrunde lag, in der dem Geschädigten – anders als hier – nachträglich ein Rabatt gewährt wurde. Gleichwohl lässt sich daraus aber keineswegs zwingend der Schluss ziehen, dass der Geschädigte bei einer anfänglichen Rabattgewährung von der diesbezüglichen Darlegungslast befreit wäre. Im Gegenteil spricht einiges dafür, dass die Anforderungen an die Substantiierung bei einer anfänglichen Rabattgewährung sogar noch höher sind. Denn in dem Fall der nachträglichen Rabattgewährung ist eher zu vermuten, dass die Reparatur vollständig und fachgerecht ausgeführt worden ist, weil die ursprüngliche Kalkulation eine höhere Gegenleistung vorsah. Bei einer Rabattgewährung von Anfang an hat die Reparaturwerkstatt den günstigeren Preis indes von vornherein angeboten, so dass sie auch ihren Reparaturaufwand auf diesen niedrigeren Preis ausgerichtet haben wird.
Letztlich muss die Frage nicht entschieden werden. Da die Fachgerechtheit und Vollständigkeit der Reparatur vorliegend schon nicht nachgewiesen ist, kommt es auf deren wirtschaftliche Vernünftigkeit nämlich nicht mehr an.
III.
1. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
2. Vollstreckbarkeitsentscheidung
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
3. Zulassung der Revision
Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen, da die diesbezüglichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Dies ist nur dann der Fall, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (u.a. BVerfG, Beschluss vom 8.12.2010, Az. 1 BvR 381/10).
Dies ist vorliegend nicht gegeben. Es ist höchstrichterlich nämlich bereits mehrfach ausdrücklich entschieden, dass der Geschädigte auch dann nachweisen muss, dass die Reparatur fachgerecht und den Vorgaben des Gutachtens entsprechend ausgeführt worden ist, wenn die tatsächlichen Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen (vgl. nur BGH, Urteil vom 14.12.2010, Az. VI ZR 231/09; auch BGH, Urteil vom 8.2.2011, Az. VI ZR 79/10).Insofern ist das vorliegende Überschreiten der tatsächlichen Reparaturkosten um 2,24 EUR nicht entscheidungserheblich, so dass auch nicht höchstrichterlich geklärt werden muss, ob bei einer geringfügigen Überschreitung bei wertender Betrachtungsweise der Reparaturaufwand noch als im Rahmen des Wiederbeschaffungswertes liegend angesehen werden kann. Dass der hiesige Vortrag zu der Fachgerechtheit und Vollständigkeit der Reparatur den konkreten Anforderungen an die Substantiierung nicht genügt, ist zudem eine Einzelfallentscheidung.
Ebenso wenig war die Revision vor dem Hintergrund zuzulassen, dass der BGH soweit ersichtlich bislang nur entschieden hat, dass der Geschädigte bei einer nachträglichen Rabattgewährung zu deren Umständen genauer vortragen müsse, weil ansonsten nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Reparatur wirtschaftlich unvernünftig sei (vgl. BGH, Urteil vom 8.2.2011, Az. VI ZR 79/10). Denn auf diese Frage kam es vorliegend nicht an, weil sich die Fachgerechtheit und Vollständigkeit der streitgegenständlichen Reparatur schon nicht feststellen ließ.
Aus den gleichen Gründen sind die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt, da die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.